Ist der Klimawandel bei Überschreiten der Grenze von 1,5 Grad noch zu stoppen?

Ist der Klimawandel bei Überschreiten der Grenze von 1,5 Grad noch zu stoppen?

Nachdem sich die Staatschefs im Pariser Abkommen auf einen maximalen Anstieg von 2 bzw. 1,5 Grad der globalen Temperatur geeinigt hatten, sollte eigentlich in den letzten Jahren der Grundstein eine emissionsneutrale Zukunft gelegt werden. Ein jüngster Report von Experten kommt jedoch zu dem Schluss, dass die Grenze von 1,5 Grad mit hoher Wahrscheinlichkeit in den kommenden Jahren überschritten wird. Wir erklären die Details des Pariser Abkommens und nennen die möglichen Folgen eines höheren Temperaturanstiegs.

Einigung auf Kampf gegen den Klimawandel im Pariser Abkommen

2015 konnten sich die meisten Länder der Erde erstmals darauf einigen, dass der Klimawandel stärker bekämpft werden muss. Die Regierungschefs erkannten, dass die gestiegenen Temperaturen für jedes Land auf der Erde eine existenzbedrohende Gefahr darstellten. Im Pariser Abkommen, das inzwischen von 195 Staaten unterzeichnet wurde, einigten sich die Nationen darauf, den Anstieg der Temperaturen gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter von 1850 – 1900 auf unter 2 Grad Celsius bzw. möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken.

Ziele des Pariser Abkommens voraussichtlich nicht mehr einzuhalten

Die vereinbarten Anstrengungen der Länder sind jedoch nach Aussagen der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) nicht ausreichend, um die Erwärmung der Erde zu stoppen. Die Experten für Wetterereignisse sehen eine 50%-ige Chance, dass die Grenze von 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter bereits in den nächsten 5 Jahren gebrochen werden könnte. Die Anstrengungen seit 2015, die strengeren Anforderungen des Pariser Abkommens zu erfüllen, wären damit gescheitert.

Die Chance darauf, dass die Grenze von 1,5 Grad überschritten wird, ist laut den Forschern in den vergangenen Jahren von 0 % in 2015 auf 50 % in 2022 gestiegen. Die Bemühungen für einen Umstieg auf erneuerbare Energien mit Solar oder Windkraft reichten nach Einschätzung der Experten nicht aus, um stärker gegen den Klimawandel vorzugehen. Auch die Corona-Pandemie oder der Trend zum E-Auto konnten die Erwärmung der Erde in den vergangenen Jahren nicht ausreichend bremsen.

Welche Folgen sind durch die höheren Temperaturen zu erwarten?

Mehr Extremwetter-Ereignisse mit Dürre, Stürmen oder höherem Meeresspiegel

Welche Folgen eine Erwärmung von 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter für den Planeten hat, zeigt ein Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernemental Panel on Climate Change- IPCC). Bereits 2018 stellten die Experten fest, dass der Temperaturanstieg jeden Kontinent betreffen wird. Neben größeren Hitzewellen kommt es auch zu einer höheren Frequenz von anderen Extremwetterereignissen wie Starkregen und Hochwasser. Eine interaktive Karte für die weltweiten Gefahren durch Hitze, Meeresspiegelanstieg oder Wirbelstürme hat die Berliner Morgenpost zusammengestellt. Dort ist klar erkennbar, dass vom Klimawandel besonders ärmere Länder in Asien oder Afrika betroffen sind.

Gravierende Auswirkungen auf Landwirtschaft oder Energieversorgung

Erster Leidensträger von höheren Temperaturen ist die Landwirtschaft, sodass die Nahrungsmittelproduktion gefährdet ist. Der englischsprachige Report für 2022 von „Lancet Countdown on Health and Climate Change“, einer Expertengruppe rund um Gesundheit und den Klimawandel, kommt zum Ergebnis, dass in den letzten 60 Jahren die Anzahl der von Dürre betroffenen Landflächen deutlich gestiegen ist. Dadurch ist die Ernährungssicherheit in vielen ärmeren Ländern in Afrika oder Asien gefährdet. Auch Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Lebensmitteln in Industrieländern sind zu erwarten.

Bereits jetzt sind die gestiegenen Temperaturen im Sommer in Ländern mit Atomkraftwerken eine Gefahr für eine zuverlässige Energieversorgung. Für den Betrieb der nuklearen Energie wird viel Wasser für die Kühlung der Reaktoren benötigt. Gibt es durch Dürre jedoch nicht genügend Flusswasser, können die Atomkraftwerke nicht mit voller Leistung laufen. Dies ist bereits so im Sommer 2022 in Frankreich geschehen. Der Ausbau von erneuerbaren Energien wie Solar schreitet zwar voran, kann allerdings Atomkraft oder fossile Energien in vielen Ländern noch nicht ersetzen.

Gesundheitliche Gefahren für Menschen

Das veränderte Klima durch die höheren Temperaturen beeinflusst nicht nur die Landwirtschaft, sondern gefährdet auch die Gesundheit der Menschen. Diese Statistiken werden von Lancet ebenfalls angeführt und bereits jetzt wurde ein deutlicher Anstieg von gefährlichen Hitzetagen für Senioren oder Kleinkinder festgestellt. Die Anzahl der Todesfälle, die auf hohe Temperaturen zurückzuführen sind, ist im Vergleich zu früheren Jahren erheblich größer.

Gesellschaftliche Folgen durch Klimaflüchtlinge

Nicht zu vernachlässigen sind auch die monetären und gesellschaftlichen Kosten, die durch einen Massenexodus aus nicht mehr bewohnbaren Regionen entstehen könnten. Die Welthungerhilfe erwartet bis 2050 über 140 Millionen Klimaflüchtlinge, die aus Asien oder Afrika fliehen. Durch das gemäßigtere Klima gehören Deutschland und Europa wohl zu den Hauptzielen für Menschen, die aus ihrer Heimat flüchten. Gehen die Bundesrepublik und andere Industriestaaten den Klimawandel nicht weiterhin aggressiv an, werden die langfristigen Kosten deutlich höher ausfallen.

Anstrengungen gegen den Klimawandel lohnen sich weiterhin

Dass sich der Kampf gegen den Klimawandel trotz des voraussichtlichen Verfehlens der 1,5 Grad Grenze weiterhin lohnt, machten die Experten im Bericht der IPCC ebenfalls klar. Jeder weitere Temperaturanstieg hat fatale Konsequenzen für den Planeten. Die jetzigen Folgen sind bereits gravierend, doch ein Verfehlen der Grenze von 2 Grad Celsius macht noch größere Gebiete der Erde unbewohnbar und weitere Millionen von Menschen zu Klimaflüchtlingen.

Zusammenfassung

Die im Pariser Abkommen 2015 vereinbarten strengeren Anforderungen für einen maximalen Anstieg von 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter können nach Angaben von Experten der Weltorganisation für Meteorologie kaum noch eingehalten werden. Die höheren Temperaturen und Extremwetter-Ereignisse haben gravierende Folgen für die Landwirtschaft, Energieversorgung oder die Gesundheit von Menschen auf der ganzen Welt. Ein Verfehlen der Ziele sollte jedoch mehr Anstrengungen gegen den Klimawandel hervorbringen, anstatt in Pessimismus zu verfallen.

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